Kinder brauchen Wurzeln

Beat Tanner ph.d. (USA)

Wurzeln zu haben, um im Leben verankert zu sein, ist ein Ziel, das die meisten Eltern für ihre Kinder haben. Kinder, welche das Verhalten eines "Zappelphilipps" oder eines "Hans-Guck-in-die Luft" aufweisen, scheint diese Verankerung zu fehlen.

 

Die Träumereien, Unruhe, nicht hören, trödeln, aufbrausen, vergessen, streiten, keine Arbeit fertig machen und anderes belasten die Beziehungen innerhalb der Familie.  Doch die Situation ist nicht so schwarz und hoffnungslos, wie sie oft angenommen wird. Es gibt Hoffnung. Falls Sie nun ein drei Punkte–Programm erwarten, das einfach zu absolvieren ist, kann ich Ihre Erwartungen nicht erfüllen. Denn Menschen, auch Sie als Mutter, Vater und ihre Kinder, sind keine Maschinen, die sich auf Knopfdruck verändern lassen.

 

Die Frage lautet nicht, wie kann ich mein Kind verändern, sondern die Frage lautet, welche innere Haltung und welche Fähigkeit kann ich mir aneignen, um meinem Kind die notwendige Hilfe zu bieten, damit es selber Wurzeln schlagen kann. Diese Sicht im Umgang mit Kindern erfordert ein Umdenken von der gesellschaftlichen Norm, dass Kinder durch Methoden und Punkte-Programme erziehen lassen würden. Erziehung ist Beziehung und Beziehung beginnt mit meiner inneren Haltung und meinen Fähigkeiten. Lassen Sie mich ein kleines Beispiel erzählen:

 

Genau in dem Moment als die Mutter ihren Jungen aufforderte zu ihr zu kommen, um ihm die Schuhe anzuziehen, zog die Hauskatze die Aufmerksamkeit des zweieinhalb Jährigen auf sich. Der Vater, der in der Nähe stand, nahm den neuen Impuls zum Spielen ebenfalls auf und ignorierte damit seine Frau ebenfalls.

 

Eine kleine Episode, von der der kleine Junge aber viel lernte. Der Vater vermittelt seinem Sohn, dass die Beziehung zur Mutter nicht wichtig ist, sondern wichtiger sei, was ich mir im Moment wünsche. Der Impuls mit der Katze zu spielen, hat Vorrang.

 

In dieser Situation heisst es für den Vater, die Fähigkeit zu entwickeln, seine eigene Aufmerksamkeit auf das Wesentliche zu lenken, nämlich auf die Beziehung zu seiner Frau. Er wird sein Kind darauf aufmerksam machen, dass die Mutter ihn gerufen hat. So wird der Junge die neue Haltung des Vaters genauso schnell übernehmen, wie das bis jetzt antrainierte.

 

Der Junge lernt so die Werte zu verinnerlichen, welche die sozialen Kompetenzen fördern. Beziehung lernt man nicht durch Techniken oder speziellen Methoden, sondern mit der inneren Haltung. So gibt es Hoffnung, auch für die sogenannten AD(H)S-Kinder. Denn Beziehung in der Familie ist lernbar und der nötige Dünger für unsere Kinder sind wir selber. Und wir selber sind nicht allein und auf uns gestellt. Wir sind eingebettet in eine Beziehung mit dem Schöpfer von Himmel und Erde. 

 

Paulus schreibt im ersten Brief an die Korintherbrief (1. Korinther 1,9), dass wir berufen sind in der Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott zu leben. Gemeinschaft und damit Beziehung sind die Grundlage - oder anders gesagt - der Dünger, damit wir Wurzeln bilden und wachsen können.

 

Diese Gemeinschaft Gottes mit uns Menschen verändert unsere Herzen zu einem reifen Boden auf dem gute Frucht wächst. Als Jesus vom Reich Gottes erzählte und damit von der Gemeinschaft Gottes mit uns Menschen, verglich er seine Botschaft mit einem Samen, der in unseren Herzen Wurzeln fasst und gute Früchte hervorbringen lässt.

 

"Einiges fiel auf gutes Land und trug Frucht, einiges hundertfach, einiges sechzigfach, einiges dreissigfach." Matthäus 18,8

 

Diese Gottesbeziehung lässt uns nicht unverändert, weil sie keine Methode oder ein Punkte-Programm ist, sondern Beziehung. Beziehung ist der Dünger für unsere Herzen, in denen zarte Wurzeln wachsen können und Halt finden. 

Literatur:

  • Karl Gebauer, Gerald Hüther: Kinder brauchen Wurzeln
  • Gerald Hüther, Helmut Bonney: Neues vom Zappelphilipp
  • Timothy S. Lane, Paul D. Tripp: Alles anders - aber wie?